Wenn einer eine Reise macht, …
… dann kann er was erzählen. Mein Name ist Silke Winkel und man findet mich normalerweise im Spremberger Büro des Reiseclub Cottbus.
Die Reise, über die ich hier berichten möchte, ging nach Masuren. Diese Region ist Teil der Woiwodschaft Ermland-Masuren im Nordosten Polens, dem ehemals deutschen Ostpreußen. Es ist eine märchenhafte Seenlandschaft mit über 3.000 Seen, kleinen Flüssen, Kanälen, riesigen Wäldern und einer unvergleichlichen Tier- und Pflanzenwelt. Man bezeichnet sie auch als grüne Lunge Europas.
Am 15. Mai 2022, pünktlich um 5.00 Uhr stand unser Reisebus am Spremberger Busbahnhof und schon ging es los, zunächst nach Cottbus. Hier erwarteten uns weitere Reisegäste sowie unsere Reiseleiterin Marzena Limanowska. Sie begrüßte uns ganz herzlich und gab uns den ungefähren Reiseablauf bekannt. Über Guben und Eisenhüttenstadt fuhren wir nach Frankfurt (Oder) zur polnischen Grenze, wo Busfahrer Dariusz Szczepanik seinen Bus übernahm (Durch die lange Anfahrt ins Zielgebiet ist es nicht möglich, dass ein Busfahrer die gesamte Zeit fährt. Daher gibt es einen sogenannten Vorfahrer. – Anm. d. Red.). Nun waren wir als Reisegruppe komplett.
Vorbei an Posen, Thorn und Allenstein führte uns der Weg bis nach Lötzen. Die wunderschöne Landschaft und die tolle Bewirtung mit Speisen und Getränken im Bus entschädigten uns für diese lange Anreise. Schließlich erreichten wir gegen 18.00 Uhr unsre Unterkunft, das exklusive Schlosshotel St. Bruno, ein Spa- & Wellnesshotel mit 69 Zimmern, die nicht nur außerordentlich komfortabel und geräumig sind, sondern auch sehr liebevoll hergerichtet. Das Hotel befindet sich direkt am Lötzener Kanal, der den Löwentinsee mit dem Kissainsee verbindet. Eine der äußerst seltenen historischen Drehbrücken, die noch per Hand mit einer Kurbel bewegt wird, führt in unmittelbarer Nähe über den Kanal.
Am zweiten Tag wurde uns Hanna, die polnische Fremdenführerin, vorgestellt. Sie sollte uns in den kommenden drei Tagen auf den Ausflügen begleiten. Für den heutigen Tag stand eine Panoramafahrt durch die wunderschöne masurische Landschaft auf dem Programm: blühende Rapsfelder, Seen und Wälder, Störche auf den Wiesen oder weit oben in ihren Nestern – Natur pur. Den ersten Stopp machte Dariusz in Harsz am Darginsee, der zusammen mit dem Mauersee einen riesigen Komplex bildet. An diesem idyllischen Ort am See bekamen wir unseren Begrüßungssekt serviert. Was will man mehr!
Anschließend fuhren wir zur Wolfsschanze, die sich im Ort Görlitz, ca. 8 km nordöstlich von Rastenburg befindet. Der Deckname für das unterirdische Quartier geht auf Hitler selbst zurück, der sein Pseudonym „Herr Wolf“ dafür verwendete, welches er hauptsächlich in den 1920er Jahren für seine persönliche Korrespondenz benutzt hatte. An der Wolfsschanze erwartete uns bereits Jan Zduniak, der uns nun durch die umfangreiche Anlage leitete. Etwa 40 Wohn-, Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude sowie 7 massive und 40 leichte Bunker mit einer Deckenstärke von 6-8 m umfasste einst das Gelände. Hitler verließ die Wolfsschanze 1944. Sie wurde im Januar 1945 von der Wehrmacht gesprengt. Die zurückgebliebenen Ruinen sind heute Anziehungspunkt für etwa 200.000 Touristen im Jahr, und die Führung ist wirklich ein Muss, wenn man in der Nähe ist.
Wir hatten an diesem Tag noch mehr zu erkunden, und so ging es weiter nach Heilige Linde (Swieta Lipka). Diesen Wallfahrtsort besuchen jährlich tausende Pilger und Touristen, um hier zu beten oder sich die barocke Klosteranlage anzuschauen. Sehr beeindruckend sind der Hauptaltar aus dem Jahr 1714 und die Orgel, von deren fantastischem Klang wir uns bei einem 15-minütigen Konzert überzeugen konnten.
Zurück in unserem Urlaubsort Lötzen, hatte Hannah noch etwas mit uns vor: Auf einem kleinen Stadtrundgang führte sie uns durch das schöne Städtchen in Richtung Wasserturm, der schon von Weitem zu sehen war. 1960 im neugotischen Stil gebaut, ist er 25 m hoch und 7 m breit. Mit einem Lift oder zu Fuß über 129 Stufen gelangt man nach oben. Dort befinden sich ein privates Museum, das höchstgelegene Café Masurens und eine Aussichtsterrasse, die eine super schöne Rundumsicht auf den Löwentin- und den Kissainsee gewährt.
Vollgepackt mit so vielen Erlebnissen ließen wir den zweiten Tag im Hotel ausklingen.
An Tag 3 starteten wir nach einem ausgiebigen Frühstück mit Hannah und Marzena zu Fuß zum Hafen, wo unsere Seen-Rundfahrt begann. Umgeben von einer malerischen Landschaft ging es mit dem Schiff durch ein System unzähliger Kanäle in Richtung Szymonka. Eigentlich sollte das für uns die Endstation sein, doch die Anlegestelle war gesperrt und so hatten wir das Glück, die Fahrt auf den Seen und Kanälen noch etwas länger genießen zu dürfen. Ein Höhepunkt war unterwegs das Mittagessen: Bigos, ein typisch polnisches Gericht, gekocht aus Sauerkraut, Weißkohl und verschiedenen Wurst- und Fleischsorten, das sollte man definitiv mal probiert haben.
Unsere Schifffahrt endete in Nikolaiken, dem wohl bekanntesten und beliebtesten Ferienort in Masuren und Zentrum des polnischen Wassertourismus. Nach einem kurzen Rundgang erwartete uns Dariusz bereits mit seinem Bus, um uns nach Zondern zu fahren, ein abgelegenes kleines Dorf, in dem wir Familie Dickti besuchten. Bei frisch gebackenem Hefekuchen und Kaffee erzählte uns Waldemar mit sehr viel Witz und Humor seine Familiengeschichte, davon dass seine Eltern Christl und Dietmar Dickti eine ganze Menge an Ausstellungsstücken zusammengetragen haben, die seit 1991 in dem liebevoll eingerichteten masurischen Bauernmuseum besichtigt werden können. Damit nicht genug, entstanden auf dem riesigen Gelände im Laufe der Jahre außerdem die Pension Christl und ein üppiger Garten mit wunderschönen Blumen, seltenen Gewächsen und einer ansehnlichen Teichlandschaft.
Erfüllt von all diesen positiven Eindrücken ging es zurück nach Lötzen. Kurz vorm Ziel wurden wir jedoch noch einmal in Aufregung versetzt. Ein grasender Elch stand am Straßenrand und ließ sich von den vorbeifahrenden Autos nicht stören. Die allgemeine Aufregung im Bus war groß, doch leider hatte niemand von uns ein Handy oder eine Kamera parat, sehr ärgerlich.
Den vierten Reisetag verbrachten wir in der Johannisburger Heide, die sich über eine Fläche von 86.000 ha erstreckt. Kiefernwälder, Fichten und Laubbäume sowie malerische Seen und Flüsse prägten das Bild entlang der Strecke, die über Rhyn und Sensburg zunächst bis zum Beldahnsee führte, wo uns der historische Brauchtumhof Galindia erwartete. Wir erfuhren Näheres über die Geschichte des pruzzischen Stammes der Galinder, die im Mittelalter im südlichen Masuren lebten. Der polnische Arzt Cezary Kubacki versuchte ihre Kultur wiederzubeleben, und so entstanden geschnitzte Figuren, romantische Höhlen, Keller, Verliese und ein Hotel. Zudem lädt er regelmäßig zu Spektakeln ein, die an die alten Stammessitten anknüpfen.
Nach einer kurzen Strecke im Bus ging es für uns anschließend mit der Pferdekutsche weiter. Vorbei an sattgrünen Wiesen, auf denen Störche und Pferde nebeneinander standen, und durch kühle Wälder genossen wir die Fahrt bis nach Krutyn. Gestärkt von einem individuellen Mittagessen hatten wir nun die Qual der Wahl: ein Spaziergang mit Hannah oder eine (Staken-)Kahnfahrt auf der Krutynia. Ich entschied mich für die Kahnfahrt. Wir waren eine lustige Gesellschaft – ich kam mir vor wie im Spreewald. Auch die anderen Reisegäste, die mit Hannah zu Fuß unterwegs waren, kamen von ihrer Naturwanderung total begeistert zurück.
An ihrem letzten Tag gemeinsam mit uns wollte uns Hannah noch etwas Besonderes zeigen. Am Stadtrand von Lötzen steht seit 1910 das Kreuz des Heiligen Bruno. Er soll im Jahr 1009 von heidnischen Prussen ermordet worden sein, genau dort, wo das Kreuz sich befindet. Und ganz nebenbei hat man zu dieser Stippvisite in die Historie eine sensationelle Aussicht auf den Löwentinsee. Ein wirklich schöner Ort, um an diesem Nachmittag von unserer örtlichen Reiseleiterin Abschied zu nehmen.
Für Tag 5 war eine fakultative Fahrt zum Miniaturenpark „Mazurolandia“ geplant, unsere Reisegruppe war sich jedoch einig, diesen Ausflug gemeinsam zu unternehmen. Also genossen wir auf dem Weg dorthin noch einmal die einmalig schöne Landschaft. Die Anlage selbst ist noch im Entstehen, trotzdem lohnt es sich für einen kleinen Abstecher zwischendurch, denn viele bekannte Bauwerke aus der Region sind schon jetzt en miniature zu bewundern.
Den letzten Nachmittag konnte jeder individuell für sich nutzen. Ich ging zusammen mit einem älteren Paar aus Cottbus noch einmal auf Entdeckungstour durch Lötzen. Unser Weg führte uns zum Hafen und zur riesigen Fußgängerbrücke, von wo wir wiederum einen tollen Blick auf den Löwentinsee hatten. Auf dem Rückweg spazierten wir durch die Stadt in Richtung Drehbrücke und zum St. Bruno. Pünktlich um 8.45 Uhr traten wir am nächsten Morgen unsere Heimreise an.
Summa summarum sind wir in sechs Tagen insgesamt 2.004 km gefahren. 780 km waren es allein bis nach Lötzen zu unserem Hotel. Dariusz und Marzena sind ein tolles Team, bei dem wir sehr gut aufgehoben waren. Für mich war es eine tolle Erfahrung, an dieser Reise teilzunehmen. Von der Organisation bis zur Durchführung hat einfach alles geklappt. Auch unsere Reisegruppe hat gut zueinander gepasst, niemand hatte etwas zu meckern.
Diese Reise kann ich ruhigen Gewissens weiterempfehlen!
Ihre Silke Winkel
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