Reisebericht Madeira

Reisebericht Madeira

 
Autor: admin

Ein Fest für die Sinne

Viele unserer Dresdner Gäste kennen mich sicher aus der Filiale am Fetscherplatz, die ich als Büroleitung im September letzten Jahres übernommen habe. Auch wenn man schon lange in der Tourismusbranche arbeitet, kann man doch noch nicht überall gewesen sein und Madeira hatte ich schon ganz lange auf meinem Wunschzettel. Nun bot sich die Gelegenheit, mit einer RCC – Reisegruppe nach Madeira zu fliegen. Ganz bewusst wollte ich nicht nur die Reisebegleitung übernehmen, sondern mich auch ein wenig wie ein Gast auf Reisen fühlen, gemeinsam mit Ihnen Neuland entdecken und hautnah das „Ergebnis“ meiner tagtäglichen Arbeit im Reisebüro erleben.

Strahlend blauer Himmel, türkisfarbenes Meer und grün in allen Variationen – das war der erste Anblick von Madeira aus der Luft. Die leichte Skepsis vor dem Landeanflug erwies sich als unbegründet: die Scherwinde, die so manche Landung in Funchal vereiteln, waren am 17. April 2018 gnädig mit uns und die kurze Landebahn war allenfalls an der Vollbremsung nach der Landung zu spüren. Nur speziell ausgebildete Piloten dürfen diese Insel ansteuern – da darf sich schon mal ein leichtes Kribbeln im Bauch bemerkbar machen, wenn es dann doch ein wenig ruckelt…

Aus dem Transferbus heraus ein erster Blick auf die Bucht von Funchal, am Hafen liegende Kreuzfahrtschiffe, Agaven, wie man sie hierzulande nur in wesentlich kleinerer Ausgabe kennt, orangefarbene Blüten des afrikanischen Tulpenbaumes, überall gelb strahlende Teppiche aus Kapuzinerkresse … eine farbenfrohe erste Begrüßung. Filipa, unsere Reiseleiterin der örtlichen Agtentur Travel One, machte uns schon während der Fahrt ins Hotel sehr neugierig auf die Highlights der Stadt und der Insel. 33 entdeckungslustige Reisegäste freuten sich wie ich auf eine erlebnisreiche Woche – und die wurde es!

Von unserem Hotel „Panoramico“ aus bot sich eine spektakuläre Sicht auf die Bucht, das Meer und die Berge – ein faszinierender Blick, vor allem, als die Sonne unterging und die ganze Stadt mit ihren Lichtern funkelte!
Auf dem Wettermonitor an der Rezeption strahlte uns für den Folgetag eine große Sonne an. Dass wir das aber nicht allzu ersnt nehmen sollten, zeigte sich an den nächsten Tagen.

In der bezaubernden Stadt Funchal zeigte sich der Frühling von seiner besten Seite. Der botanische Garten bietet eine prächtige Farben- und Blütenvielfalt, allen voran die Strelizie, die dort zwar kultiviert wächst, der man aber auf der Insel auf Schritt und Tritt begegnet – nein, nicht im Blumentopf! In der berühmten Fisch- und Markthalle setzte sich das Farbenspiel mit Blumen, Früchten und Gemüse fort – auf engstem Raum, denn nicht nur ich hatte mir diese viel größer vorgestellt.
Nach der Weinprobe im ältesten Weinkeller der Stadt war Zeit für individuelle Entdeckungen. Violett und orange strahlten die Blüten der vielen Straßenbäume vor weißen Fassaden und grünen Fensterläden. Die einen spazierten durch die idyllische Künstlergasse mit ihren bemalten Haustüren, die anderen genossen die 40minütige Seilbahnfahrt nach Monte und unsere Fußballfans besuchten ihren Star Ronaldo – wenn auch nur im Museum am Hafen. Für ein Foto mit dessen bekannter Bronzefigur musste man schon schnell sein angesichts der vielen gezückten Kameras ringsum!

Am nächsten Tag begann das Abenteuer „Inselerkundung“. Bei der West – Route konnte das Wetter nicht widersprüchlicher sein. Die Sonne schien auch am nächsten Morgen wieder vom Monitor im Hotel. Doch die Steilküste – unser erstes Ziel – war gesperrt und in eine dicke dunkle Wolke gehüllt. Filipa kennt als Einheimische die Tücken ihrer Heimatinsel und den schnellen Wetterwechsel sehr gut. Ein prüfender Blick gen Himmel – und die Route wurde operativ angepasst. Vorbei an Bergen mit hohen Wasserfällen fuhren wir durch idyllische kleine Orte entlang der alten Küstenstraße nach Porto Moniz, dem nördlichsten Punkt der Insel. Das Meer leuchtet dort von dunkelblau bis türkis in allen Blautönen, der Wind treibt die Wellen gegen rotbraune Felsen aus Lavagestein, die die Gischt meterhoch aufsteigen lassen. Dazu blauer Himmel und weiße Wolken – ein Naturschauspiel, das ich in Gedanken noch heute vor Augen habe. Keine Kamera kann die Stimmung an diesem Ort wirklich einfangen und wiedergeben.
Kurz darauf wurde es wieder bunt: In Sao Vicente legten junge Leute Blüten zu kunstvollen Mustern auf Treppen und Pflastersteine und gestalteten Blumenteppiche, eine Vorbereitung auf das „Festa da Flor“, das größte Blumenfest der Insel. Weiße und gelbe Margheriten strahlten mit Zinnien in allen Rot-tönen und grünen Blättern um die Wette, auch die Strelizie durfte nicht fehlen. Das mussten wir unbedingt aus der Nähe sehen und so wurde spontan ein Stop eingelegt.
Und dann – endlich – war der Himmel auch am Cabo Girao aufgezogen – an der Steilküste, die morgens in dunklen Wolken nicht einmal zu ahnen war. Durch einen Glasboden schaut man von der höchsten Klippe Europas knapp 600 m auf das Ufer hinunter. Man blickt auf das Meer, das am Horizont übergangslos zum Himmel wird, auf meterhohe Agaven und Kakteen und die Bucht von Funchal im Hintergrund. Auch das ist ein Bild, das sich mit Worten nicht wirklich beschreiben lässt.

Zu einer Madeira – Reise gehört natürlich auch eine Wanderung entlang der Levadas, der Bewässerungsgräben, die sich über die ganze Insel ziehen und das Wasser seit Jahrhunderten ins Tal transportieren. Fakultativ hatte sich ein großer Teil unserer Reisegruppe dafür entschieden. Der dicken Regenwolke auf unserem Wetterbildschirm trotzten die Wanderlustigen zunächst, bei Sonne kann schließlich jeder! Entlang der ältesten Levada der Insel wanderten wir tapfer, während der Himmel beharrlich seine Schleusen geöffnet hielt. Nach einer Stunde, in der sämtliche Regenschirme, Wetterjacken und Wanderschuhe einem ordentlichen Härtetest ausgesetzt waren, entschlossen wir uns zum Abbruch. Die Wege waren durchweicht und kaum noch begehbar und die Kälte kroch langsam bis zur Haut durch. Aber auch das ist Madeira! Durch das subtropische Klima und die großen Höhen-und Temperaturunterschiede muss man in den Bergen auf alle Wetter gefasst sein. In einem kleinen, urigen Café waren noch weitere Wandergruppen „gestrandet“, zum Erfahrungsaustausch und wegen des undichten Daches wurde zusammengerückt. Bei Kaffee, Kuchen und Poncha warteten wir auf unseren Busfahrer Miguel.

Spätestens hier muss ich etwas zum Nationalgetränk Poncha erzählen. Für dieses Getränk aus Zuckerrohrschnaps, Honig und einheimischen Zitrusfrüchten hat jeder Wirt sein eigenes Rezept. Schmeckt er hier mild und „tut nix“, ist er wo anders eher herb und haut einen aus den Socken. Und jeder , der Poncha verkauft, schwört auf „DAS Originalrezept“! Uns jedenfalls wärmte er angenehm nach der Wanderung und heiterte die Stimmung merklich auf. Schon wurden Pläne für die individuelle Nachmittagsgestaltung geschmiedet und Tipps ausgetauscht. Und so konnten wir zur Einstimmung auf das Blumenfest auch in Funchal die Blütenteppiche, farbenfroh gekleideten Blumenmädchen und tanzenden Folkloregruppen bewundern – unter blauem Himmel mit weißen Wölkchen bei schönstem Sonnenschein. Zum Glück hatte sich die hoteleigene Wetterfee mit ihrer dicken Regenwolke für diesen Nachmittag geirrt!

Abenteuerlich ging es auch auf der Fahrt in den Osten der Insel zu. Durch den Nordost – Passatwind ist Regen in diesem Teil der Insel beinahe vorprogrammiert. Für unseren Busfahrer wurde der Tag eine echte Herausforderung: durch Steinschlag beschädigte Straßen, durch heftigen Regen beschlagene Scheiben und schmale Serpentinen an steilen Hängen – aber Miguel beherrschte sein Handwerk! Einige Gäste – und ich – brachen zu einer kleinen Wanderung auf und lernten von Filipa, wie ein Lorbeerwald duftet und dass man sich zum Heidelbeerpflücken nicht bücken muss, denn diese wachsen hier an mannshohen Büschen. Reif waren sie leider noch nicht. Riesenfarne und weiße Callas säumten die Wege, eine üppige Vegetation von frischem duftenden Grün – wen störte da noch ein wenig Regen? Weiter ging es per Bus nach Santana mit seinen bekannten Schilfgedeckten Häuschen und über Porto La Cruz an die Ostspitze der Insel. Somit waren wir an zwei Tagen ein Mal komplett um die Insel gefahren. Und ganz egal, in welchem Teil der Insel man sich befindet: wo man hinschaut, wächst und blüht es in allen Farben des Regenbogens!

Wen wundert es dann, dass die Blumen mit einem großen Fest bedacht werden? Alljährlich Ende April findet das „Festa da Flor“ statt, und sogar die Wetterfee war in Sonntagsstimmung. Entlang der Hauptstraße, auf jedem Balkon, auf jeder Treppe unzählige Menschen, viele hatten sich schon Stunden zuvor ihre Plätze gesichert. Die Mitwirkenden – Frauen, Männer und auch viele Kinder – studieren alljährlich monatelang neue Choreografien und Lieder ein. Mit tausenden Blumen und Blüten geschmückte Wagen ziehen langsam entlang der Hauptstraße, dazwischen die Tanzgruppen in kunstvollen Kostümen und Hüten, die die unterschiedlichsten Blumen darstellen. Wie ein Ballett führen sie ihre Tänze auf, und ob jung oder alt – jeder Schritt sitzt, und das drei Stunden lang! Ein Feuerwerk aus Farben, Musik, Tanz und Gesang – von Folklore über Klassik und Rock’n Roll bis Beatles. Auch wenn auf Madeira nahezu jeden Monat etwas gefeiert wird, das Blumenfest gibt es nur im April und ist wohl einmalig auf der Welt – und wir waren dabei!

Sind Sie schon einmal Schlitten gefahren – ganz ohne Schnee? Auch das kann man auf Madeira, in einem Ding zwischen Sofa und Oma’s Wäschekorb – deshalb heißt er auch Korbschlitten. Eine steile, 4 km lange kurvenreiche Piste, zum Teil von hohen Mauern begrenzt, ist die Rodelbahn, die von Monte ins Tal führt. Aber nein, man muss da nicht alleine hinunter.  Die „Carreiros“ – oder Korbschlittenfahrer –  steuern, schieben und machen ihre Späßchen, indem sie das Gefährt gegen die Mauer lenken und es kurz davor dann doch wieder auf die Spur bringen. Und all das viel schneller als ein Schlitten im Schnee! Die skeptischen Gesichter, die ich nach dem Einsteigen hier und da sah (zugegeben, auch mir ging es nicht anders), sind während der Fahrt „auf der Strecke geblieben“. Unten angekommen, hatte man eigentlich nur einen Wunsch – noch mal!

Das gilt auch für Madeira als Reiseziel. Die unterschiedliche Vegetation auf kleinem Raum, die Farbenvielfalt, das Kunsthandwerk, die „Feste für alle Sinne“ und nicht zuletzt die Gelassenheit und Freundlichkeit der Madeirenser – das ist ein Facettenreichtum, den es auf so kleinem Raum nur selten auf der Welt gibt. Und ich hoffe sehr, ich habe auch Ihnen jetzt Lust gemacht auf diese Insel.

Bei meiner wunderbaren, disziplinierten Reisegruppe, die in allen Wetterlagen ihren Humor behalten  hat, bedanke ich mich an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich. Es hat Spaß gemacht, mit Ihnen gemeinsam Neuland zu entdecken! Und vielleicht sehen wir uns zum „Fest der Reise“ wieder?

Ihre Heike Nicolai
aus dem RCC – Reisebüro in Dresden

Kategorien: Flugreisen
Stichworte: Madeira

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